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Neue Technik: In Berlin sollen U-Bahnen künftig automatisch fahren - Berliner Zeitung

Berlin - Technik entlastet die Menschen. Auf zwei Berliner U-Bahn-Linien wird der Betrieb zum Teil automatisiert. Doch wie jetzt bekannt geworden ist, lässt die Umsetzung länger als geplant auf sich warten. Fahrgäste und Fahrpersonal müssen sich noch einige Jahre gedulden, bis die Technik scharf geschaltet wird. Das geht aus Informationen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und der Antwort des Senats auf eine aktuelle Anfrage der Linke-Fraktion hervor. Doch das Warten werde sich lohnen, so der Linke-Abgeordnete Kristian Ronneburg. Zum einen könnten die Züge schneller aufeinander folgen. „Ein engerer Takt wird möglich“, sagte der Politiker der Berliner Zeitung. „Zum anderen wird der Betrieb stabiler, und das Fahrpersonal wird entlastet.“ Allerdings ist es nicht das erste Mal, dass man sich in Berlin an diesem Thema versucht.

CBTC ist das Stichwort. Hinter dem englischen Kürzel verbirgt sich der Begriff Communication Based Train Control. Züge kommunizieren per Funk mit der Streckenausrüstung, ein Computer überwacht den Betrieb. Je nachdem, wie hoch der Automatisierungsgrad ist, übernimmt die Technik Teile des regulären Betriebsablaufs. Ein fahrerloser Betrieb ist nicht gemeint. Für Berlin ist im Gespräch, dass das Fahrpersonal weiterhin nach Halten den Befehl zum Weiterfahren gibt und die Türen steuert. „Die Fahrt selbst wird dann vollautomatisch durchgeführt“, erklärte Ronneburg.

Mehr als 40 Kilometer Strecke werden umgerüstet

„In Berlin wird die bisherige Zugsicherungstechnik auf den Linien U5 und U8 durch eine neue funkbasierte Zugsicherungstechnik ersetzt“, sagte BVG-Sprecher Jannes Schwentu und bestätigte, dass es sich um CBTC handeln wird. „Dabei wird die bisherige ortsfeste Signalisierung an der Strecke funktional in die Fahrzeuge verlagert und damit das Fahren in einem dichteren Takt ermöglicht.“ Grundsätzlich können mit Systemen dieser Art verschiedene Automatisierungsstufen realisiert werden, so Schwentu. „Das CBTC-System auf der U5 und U8 wird unsere Fahrerinnen und Fahrer zukünftig mit einer Teilautomatisierung von ausgewählten Abläufen unterstützen.“

Doch bei der Umstellung der 22,4 Kilometer langen Linie U5 und der 18,1 Kilometer langen U8 handelt es sich offensichtlich um ein komplexes Projekt. Hatte die BVG vor knapp drei Jahren davon gesprochen, dass die Technik 2025 scharf geschaltet wird, sprach die Pressestelle nun von „bis voraussichtlich 2030“. „Die Teilautomatisierung erfolgt in zwei Stufen, zuerst auf der U5 und anschließend auf der U8“, sagte BVG-Sprecher Schwentu.

New York, Madrid, Kopenhagen – und künftig auch Berlin

In ihrer Antwort auf die Anfrage der Linke-Fraktion wurde die neue Mobilitäts-Staatssekretärin Meike Niedbal etwas konkreter. Doch die Grünen-Politikerin schloss einen anderen Zeitplan nicht aus. „Die Inbetriebnahme auf der U5 ist zum vierten Quartal 2027 in den Blick genommen, jedoch befindet sich die BVG noch in der Dialogphase“, teilte Niedbal dem Abgeordneten Ronneburg mit. „Eine gesicherte Bestätigung des späteren Lieferanten kann deshalb noch nicht vorliegen.“

„Derzeit werden die technischen und funktionalen Möglichkeiten mit dem U-Bahn-Betrieb und den Lösungen der Anbieter auf Anforderungen hin geprüft“, so die Staatssekretärin. Auch technische Umstellungen von Fahrzeugen stehen an, ergänzte die BVG. „Für ihren Einsatz auf der U5 und U8 wird ein Teil der neuen U-Bahn-Fahrzeuge der Baureihe J mit den Komponenten des CBTC-System ausgerüstet“, teilte Unternehmenssprecher Jannes Schwentu mit.

Was die geplante neue Technik anbelangt, kommt Berlin im Vergleich zu vielen weiteren Städten ziemlich spät. CBTC ist weltweit in zahlreichen Nahverkehrssystemen im Einsatz, zum Beispiel in New York, Madrid und Kopenhagen. In Deutschland sind Tests in München (ab 2023) und Frankfurt am Main (ab 2025) geplant.

LZB, Seltrac, Star 2000: Keines der Systeme gibt es heute noch

Ursprünglich hatte Berlin in puncto U-Bahn-Automatisierung eine führende Rolle. Mehrmals gab es Versuche. So stattete Siemens einen Abschnitt der Linie U9 Mitte der 1960er-Jahre mit einer linienförmigen Zugbeeinflussung aus. Auch bei der LZB-Technik kommunizieren Streckenausrüstung und Fahrzeuge miteinander. 1977 war das Projekt so weit, dass der Betrieb auf einem Großteil der Berliner Nord-Süd-Linie in einigen Bereichen automatisch ablaufen konnte. So fuhren die U-Bahnen an den Endstationen selbstständig in die Kehranlagen. Doch weil sich die Technik bei den Kehrfahrten als störanfällig erwies, wurde dieser Teil nach einigen Jahren wieder ausgeschaltet. Die Erwartung, in diesem Bereich Personal einzusparen, erfüllten sich nicht. Nach 15 Jahren begannen Komponenten zu verschleißen. 1993 ging das LZB-System vom Netz. Zwar gab es später eine Reaktivierung, aber 1998 war dann auf der U9 damit endgültig Schluss.

Eine andere Technik wurde in Berlin ebenfalls von 1977 an erprobt. Ihr Name: Standard Elektrik Lorenz Trac, kurz Seltrac. Es war ein Betriebsleitsystem, das den Menschen ebenfalls viel Arbeit abnahm. Schauplatz des ersten Tests war die damals stillgelegte (und heute von der U2 genutzte) Hochbahntrasse, die am Bahnhof Bülowstraße begann und kurz vor der Station Potsdamer Platz endete. Nach zwei Jahren kam man überein, Seltrac im Fahrgastbetrieb zu testen. 1981 war es so weit, auf der U4 zwischen Innsbrucker und Nollendorfplatz. Wie auf der U9 wurden die Züge weiterhin mit Fahrpersonal besetzt, und auch die Zugabfertiger auf den Bahnsteigen blieben auf ihren Posten. 1985 wurde das System zugelassen, doch Ende 1993 wurde es abgeschaltet.

Ein Teil des Hochbahnabschnitts unweit der damaligen Mauer wurde später für ein anderes Projekt genutzt. 1984 begann der Versuchsbetrieb der M-Bahn, die ebenfalls automatisch betrieben wurde. Wenn auch nicht immer ohne Komplikationen: 1988 fuhr ein Zug, dessen Automatik ausgeschaltet worden war, im Endbahnhof Kemperplatz über das Streckenende hinaus und hing zehn Meter über dem Eingang in der Luft.

Eine andere Technik sollte in Berlin namens Star 2000 erprobt werden – diesmal im Osten der Stadt. In den 1990er-Jahren hieß es, dass die U5 mit ihrer damals geplanten Verlängerung zum Hauptbahnhof als erste U-Bahn-Linie in Berlin auf fahrerlosen Betrieb umgestellt werden sollte. Ein automatischer Betrieb würde es erlauben, Züge bei Fahrgastandrang öfter fahren zu lassen, ohne dass dafür mehr Personal gebraucht wird, hieß es. So könne Berlin beweisen, dass es sich zu Recht „Verkehrskompetenzzentrum“ nennt, so die BVG. Für den Test, der auf dem drei Kilometer langen Abschnitt zwischen Biesdorf-Süd und Friedrichsfelde stattfand, standen umgerechnet 18 Millionen Euro bereit. 1999 begann er, doch 2003 ging der Versuch sang- und klanglos mit einer letzten Fahrt zu Ende – ohne dass die Technik zugelassen worden war.

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