Search

DFB-Team spielt unter Hansi Flick gegen Armenien mitreißend - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Wenn die deutsche Nationalmannschaft an diesem Dienstag nach Island aufbricht, könnte es sein, dass die eine oder andere Kindheitserinnerung mit an Bord ist. Zumindest die älteren unter den Nationalspielern könnten sich erinnern: an einen Bundestrainer, der sich zu später Stunde im Stadion Laugardalsvöllur zu Reykjavík derart in Rage redete, dass er einen kleinen fußball- und fernsehhistorischen Moment produzierte.

Rudi Völlers Käse-Mist-Weißbier-Dialog (die anderen Derbheiten seien höflich verschwiegen) mit dem Moderator Waldemar Hartmann jährte sich am Montag zum 18. Mal. Seitdem ist die Nationalmannschaft nicht mehr in Island gewesen, und das Erwartungsmanagement eines Bundestrainers nicht mehr so unterhaltsam.

Was das angeht, hatte Hansi Flick am Sonntagabend eine viel dankbarere Aufgabe als Völler nach jenem tristen 0:0 im September 2003. Es hätte jede Menge Anlass zum Loben, ja, zum Schwärmen gegeben nach dem Sieg gegen Armenien. Aber Flick hatte sich vorgenommen, seiner Mannschaft nicht zu überschwänglich zu applaudieren für dieses 6:0 und den damit verbundenen Sprung auf Platz eins der WM-Qualifikationsgruppe – was sich dann allerdings als gar nicht so leicht herausstellte, als diese gemeine Fernsehregie einfach immer das nächste dieser wunderbaren Tore einspielte, eines schöner als das andere und allesamt mit Pointen, die eine eigene Geschichte hergegeben hätten.

„Das ist jetzt erst mal der Maßstab“

Die von Serge Gnabry etwa, dem von Flick lange begleiteten und geförderten Angreifer, dem die ersten beiden Treffer gelangen, ein „Impuls, den wir gebraucht haben“, wie der Bundestrainer sagte. Die der Herren Werner und Reus, die im Nationalteam schon ein bisschen länger das Glück suchen und nun die Treffer Nummer drei und vier beisteuerten. Die von Jonas Hofmanns Premierentor, in neuer Rolle als Rechtsverteidiger, oder die von Florian Wirtz und Karim Adeyemi, den U-21-Europameistern, die einen zauberhaften Schlusspunkt und damit zugleich ein kleines Zeichen für die Zukunft setzten.

Und weil all das natürlich auch Flick gefallen hatte, wirkte es, als zerrten zwei Kräfte in ihm: Der Kopf, der ihm sagte: Jetzt lieber ein bisschen auf die Bremse treten, am Mittwoch (20.45 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur WM-Qualifikation und bei RTL) wird schließlich schon wieder in Island gespielt. Und der Bauch, der schon irgendwie auch zu seinem Recht kommen wollte an diesem Spätsommerabend, der so viel wärmende Energie verströmte. Die Formel, in der er beides zusammenbrachte, lautete: „Das ist jetzt erst mal der Maßstab.“

Lustvoll im Verteidigen und mitreißend, oft genug sogar unwiderstehlich, auf dem Weg zum Tor – in Flicks zweitem Spiel als Bundestrainer hat das Publikum einen sehr ansehnlichen Eindruck davon bekommen, wohin die Reise unter ihm gehen soll. „Den Start unter Hansi hatten wir uns eigentlich so vorgestellt wie heute“, sagte Leon Goretzka, was zugleich auch als Selbstkritik nach dem enttäuschend-behäbigen 2:0 am Donnerstag gegen Liechtenstein zu verstehen war.

In St. Gallen allerdings hatte Goretzka selbst noch nicht mitgewirkt, und die Gedanken- und Handlungsschnelligkeit des Münchners gehörte gegen Armenien zu den größten Zugewinnen in dem von Flick diesmal etwas anders komponierten Team. Gleich bei drei Toren war er an der Entstehung maßgeblich beteiligt.

Zusammen mit Gnabry und Leroy Sané, der auf bemerkenswerte Art seine Schwächen vom Donnerstag abschüttelte, die Stärken aber weiter lustvoll ausspielte, entstand so ein bayerisches Dreieck, das auch in Zukunft stellvertretend für jenen Maßstab stehen könnte, von dem Flick sprach. Und das man selbstverständlich auch um Joshua Kimmich erweitern darf, wenngleich der in Stuttgart nicht ganz so auffällig in Erscheinung trat.

Eine gute Wahl

Sichern Sie sich F+ 3 Monate lang für 1 Euro je Woche und lesen Sie alle Artikel auf FAZ.NET.

JETZT F+ LESEN

Flick hat von Anfang an kein Hehl daraus gemacht, dass der Fußball, mit dem er den FC Bayern zu sieben Titeln führte, auch in seinem neuen Job wiederzuerkennen sein soll. Tatsächlich war es am Sonntag ein Best-of-Bayern, in das sich die Kollegen anderer Klubs auf den freien Plätzen aber bestens einfügten, Reus und Werner vorneweg.

Auch wenn die Armenier mit ihrer offensiven Herangehensweise den Deutschen freundlich entgegenkamen: Das Ergebnis war ein Fußball, der es dem Publikum leicht machte, sich frisch zu verlieben nach Jahren unter Joachim Löw, die eher von Beziehungskrise geprägt waren. Die 18.000 in Stuttgart kosteten den Moment aus, nach einer Stunde rollte La Ola durch die Arena, gesungen wurde auch: „Oh, wie ist das schön.“

Auch die Spieler und ihr Trainer genossen das ungewohnte Gefühl – zum einen, dass wieder Fans da waren, aber mehr noch, sich auf Anhieb in deren Herzen gespielt zu haben. Flick sprach zufrieden vom „Miteinander“, das entstanden sei. „Wir wollten einen Fußball spielen, der begeistert, einen Fußball, der Freude macht, Freude auf mehr.“ Goretzka sagte: „Man blickt in strahlende Augen und leuchtende Gesichter, das ist das, worum es im Fußball geht.“ Schmetterlingsgefühle überall.

Ein bisschen war es allerdings auch so, wie es in einer frisch angebahnten Beziehung nun mal ist: Die Ungewissheit, als wie tragfähig sich das neue Glück erweist, gehört irgendwie dazu und brach sich auch in Stuttgart hin und wieder Bahn – etwa bei Werner, der keinen Widerspruch befürchten musste, als er darauf hinwies, dass Armenien nicht gerade ein Gegner wie aus einem WM-K.o.-Spiel war.

Oder bei Goretzka, der ganz in Flicks Sinne als Mahner auftrat: „Auch unter Jogi waren immer gute Spiele dabei, bei denen wir unsere Klasse haben aufblitzen lassen. Jetzt müssen wir konstant auf einem hohen Level performen.“ Was er nicht dazusagen musste: Bis zum „tiefsten Tiefpunkt“, von dem Völler vor 18 Jahren sarkastisch sprach, war der Weg unter Löw zuletzt nicht weit.

Adblock test (Why?)

Artikel von & Weiterlesen ( DFB-Team spielt unter Hansi Flick gegen Armenien mitreißend - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung )
https://ift.tt/3n97282
Sport

Bagikan Berita Ini

0 Response to "DFB-Team spielt unter Hansi Flick gegen Armenien mitreißend - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung"

Post a Comment

Powered by Blogger.