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Ziemlich versponnen, diese Spinnenmänner - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Als Tom Holland vor fünf Jahren erstmals die Rolle spielte, die ihn berühmt machen sollte, war er zwanzig Jahre alt und völlig bartlos – ein Spider-Man wie aus dem Comic-Bilderbuch, von unschuldiger Jugendlichkeit, die ihn im Marvel-Superheldenverbund der Avengers zu so etwas wie dem Nesthäkchen der Gruppe machte. Bevor dieser Spider-Man dann 2018 durch das Leid von „Infinity War“ gehen musste, bei dem die halbe Erd­bevölkerung dahingerafft wurde, durfte er denn auch noch in seinem ersten Auftritt als Titelfigur die sympathische Teenager-Anmutung auf die Spitze treiben: In „Spider-Man: Homecoming“ spielte sich das Hauptgeschehen auf der Highschool ab, und das, was diese Comicfigur in den Sechzigerjahren so erfolgreich gemacht hatte – ihr Identifikationspotential für Pubertierende –, wurde endlich auch einmal im Kino ausgespielt: Ein Superheld empfindet sich selbst im Gefühlswirrwarr erster Liebe als armer Tropf. Holland war wirklich der „freundliche Spider-Man aus der Nachbarschaft“, wie die biedere Selbsteinschätzung lautet.

Andreas Platthaus

Verantwortlicher Redakteur für Literatur und literarisches Leben.

Nach dem dank seinen Klischeedarstellungen jugendlichen Liebesleids sehr amüsanten „Homecoming“ folgte mit „Spider-Man: Far from Home“ 2019 allerdings ein Tiefpunkt der unendlichen Reihe von Marvel-Verfilmungen: Angesiedelt auf einem Schulausflug nach Europa, war hier alles derart monoton auf teenage angst gebürstet, als wäre dem Regisseur Jon Watts und seinem undynamischen Drehbuch-Duo Chris McKenna und Erik Sommers überhaupt nichts Neues eingefallen. So ließ die Ankündigung ihres dritten Films mit Holland und „Home“-Titel Schlimmes befürchten. Doch „Spider-Man: No Way Home“ ist viel besser als sein Vorgänger, auch wenn er dessen Geschichte fortschreibt.

Jugendlich-harmlos bleibt es diesmal nicht

Zur Erinnerung: Zum Finale des Films von 2019 wurde Spider-Mans Inkognito gelüftet; fortan weiß die ganze Welt, dass ein gewisser Peter Parker unter der Spinnenmaske steckt. So wird nun die New Yorker Midtown Highschool zum Schauplatz eines ambivalenten Prominentenkults und die Frage, auf welches College Parker und seine besten Freude, die zauberhafte MJ (gespielt von der ehemaligen Tänzerin Zendaya) und der untersetzte Ned (Jacob Batalon), wohl gehen werden, nicht nur für diese selbst hochinteressant. Ein Geniestreich, diese für jeden amerikanischen Schüler zentrale Entscheidung zum Thema eines Superheldenfilms zu machen. Und eindrucksvoll, wie die mittlerweile in ihren Mittzwanzigern stehenden Schauspieler noch Teenager geben.

Aber jugendlich-harmlos bleibt es diesmal nicht. Als das MIT alle drei Bewerber wegen deren notorischer Berühmtheit ablehnt, will Peter Parker den Eintritt ins akademische Leben durch Zauberei erreichen. Der Mann im Marvel-Universum dafür ist Doktor Strange (Benedict Cumberbatch), doch durch ein Missgeschick beschwört der ein paar Erzfeinde von Spider-Man herauf, und zwar nur solche, die in Filmen erledigt worden sind, in denen Holland noch gar nicht mitgespielt hat. Kein Wunder, dass sein Spider-Man sich irritiert zeigt über die Rachelust ihm völlig Fremder.

Am Ende wird alles auf null gestellt

Derartige Verschränkung verschiedener Handlungsstränge hat in den Marvel-Comics Tradition, und nun hat sich also auch ein Film dieser Erzähltechnik angenommen. Wo viel Feind, da zwar viel Ehr, aber gegen fünf Superschurken (Dr. Octopus, Grüner Kobold, Sandman, The Lizard und Electro) helfen weitaus zuverlässiger weitere Helden, nämlich diejenigen, die mit dem Quintett schon einmal fertiggeworden sind. Also werden durch noch mehr Zauberei Tobey Maguire und Andrew Garfield herbeigehext, die Kino-Spider-Men der Jahre 2002 bis 2014. Ziemlich versponnen das Ganze. Der gemeinsame Auftritt mit Holland ist aber sehr witzig. Und natürlich sehr erfolgreich.

Am Ende wird dann alles noch einmal auf null gestellt, sodass für einen vierten Spider-Man das Feld bereitet wäre. Wobei Maguire und Garfield – Ersterer Mitte vierzig, Letzterer Ende dreißig – demons­trieren, wie man im Spinnenkostüm auch gereift noch überzeugen kann (ein kleines Rückenproblem mal beiseitegelassen). Also dürfte Holland in dieser Rolle noch eine Zukunft haben – wenn er denn will. Wir wünschten das nach dieser Überraschung durchaus.

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