Am Tag vor dem Handball-Klassiker gegen Spanien schlug Omikron erneut gnadenlos zu. Beim freiwilligen Training in Bratislava stand Bundestrainer Alfred Gislason nur noch ein Restkader zur Verfügung, wenig später sickerte durch: Mindestens drei weitere Spieler haben sich mit Corona infiziert - die personelle Lage im DHB-Team nimmt vor dem Auftakt in die EM-Hauptrunde dramatische Züge an.
Bei den positiven Fällen handelt es sich um Christoph Steinert, Djibril M'Bengue und Sebastian Heymann - die Zahl der deutschen Spieler in Quarantäne erhöhte sich damit auf zwölf. Beim Training fehlte zudem der nachgerückte Kieler Rune Dahmke. Titelverteidiger Spanien hat bislang noch keinen Ausfall vermeldet. Alles läuft auf ein ungleiches Duell mit dem großen Turnierfavoriten am Donnerstag (18:00 Uhr im Liveticker) heraus.
Gislason hatte die "sehr absurde Situation" in Bratislava bereits vor den nächsten Omikron-Nachrichten anschaulich beschrieben. "Das ist die spannendste Zeit des Tages, das Warten auf die Resultate des Covid-Tests", sagte der Isländer. Die Lust auf die Kracher in der Hauptrunde ist ebenso groß wie die Angst vor weiteren Coronafällen. Und die blieben nicht aus.
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Dabei machen die bisherigen Vorstellungen sportlich Appetit auf mehr - und sorgten bei den Spielern im Kampf ums Halbfinale für eine breite Brust. "Wir haben jetzt vier Finalspiele, die wir im Idealfall gewinnen. Wenn wir das schaffen, ist ganz viel möglich", hatte etwa Turnierdebütant Steinert forsch gesagt - bevor auch er ausgebremst wurde. Elf der ursprünglich 17 nominierten Spieler fallen mittlerweile aus - dazu noch der nachnominierte Hendrik Wagner.
Deutschland auch ohne ein Dutzend Infektionen "krasser Underdog"
Trotz der bösen Botschaften der vergangenen Tage war Gislason "optimistisch, dass wir die Situationen mit dem Team managen können". Der Auftritt gegen Polen (30:23) hatte ihm Zuversicht gegeben. Doch die Gegner werden größer, es geht Schlag auf Schlag, und nur die ersten beiden Teams der Sechsergruppe qualifizieren sich für die Medaillenspiele in Budapest. Schon am Freitag wartet Norwegen (20:30 Uhr im Liveticker).
In der Heimat verfolgen immer mehr Zuschauer die lebendigen Auftritte der schwer angeschlagen Auswahl des Deutschen Handballbundes. Mehr als fünf Millionen Zuschauer sahen den Vorrundenabschluss gegen Polen, die bislang beste deutsche Turnierleistung. Nun wartet nicht nur für den erfahrenen Gislason der "auf dem Papier und in der Realität schwerste Gegner überhaupt". Seine Mannschaft wäre auch ohne ein Dutzend Infektionen "krasser Underdog".
Doch seit Mittwochnachmittag stehen die Vorzeichen noch schlechter. Wer gesund bleibt, hat riesige Vorteile. "Wir sehen an uns und auch an anderen Teams, dass es auf jeden Fall ein Faktor ist. Teams ohne Fälle haben bessere Chancen, das ist definitiv die Wahrheit", sagte Paul Drux.
DHB und HBL konferieren am Abend
"Wir haben in den vergangenen Tagen gelernt, wie schnell sich die Lage ändern kann. Wir werden diese neue Lage gemeinsam bewerten müssen", sagte Mark Schober, Vorstandschef des Deutschen Handballbundes (DHB), in einer Pressemitteilung.
Noch am Mittwochabend war eine Konferenz zwischen dem DHB und der Handball Bundesliga (HBL) angesetzt, um über die neue Lage zu beraten. "Wir werden uns mit dem DHB abstimmen, die Situation diskutieren und gemeinsam entscheiden. Die Frage ist, ob es noch einen Sinn macht, das Team in Bratislava zu lassen", sagte HBL-Präsident Uwe Schwenker dem "SID".
Der Funktionär bekräftigte aber, einen möglichen Rückzug "mit aller Ruhe und Sachlichkeit" zu besprechen. "Einfach abreisen geht nicht. Hier gilt für mich: Gut geht vor schnell. Man muss momentan festhalten, dass die Infektionskette nicht abreißt. Da ist unser EM-Team leider ein Spiegelbild der Gesellschaft. Jetzt aber unendlich mit Spielern aus der Bundesliga nachzuladen, macht wenig Sinn", ergänzte Schwenker.
(SID)
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