Hamburg/Tübingen (dpa/tmn) - «Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?» Diese Frage gehört in Vorstellungsgesprächen quasi zum Inventar. Aber ist ein solcher Fünf-Jahres-Plan wirklich sinnvoll? Wie fasst man überhaupt berufliche Ziele? Und wie schafft man es, am Ball zu bleiben - oder muss man das gar nicht immer?
«Die Frage nach dem Fünf-Jahres-Plan ist ein Klassiker», sagt Kristine Qualen, Psychologin und Coach aus Hamburg. «Aber auch nicht mehr zeitgemäß.» Das Berufsleben sei so schnelllebig geworden, so dass die Frage nicht mehr passend sei. Außerdem habe sich der Karrierebegriff verändert: Es gehe längst nicht mehr um stetigen Aufstieg.
Früher seien vor allem Titel, Trophäen und Status die Elemente von Karriere und Erfolg gewesen, sagt auch Karriereberaterin Pamela Grüninger. Heute stehe die Zufriedenheit und eine sinnstiftende Tätigkeit im Mittelpunkt.
Berufliche Ziele an Inhalten orientieren
Kristine Qualen rät, sich bei den eigenen beruflichen Zielen nicht an Hierarchiestufen, sondern an Inhalten zu orientieren: Was reizt mich? Wie sollte meine Arbeit strukturiert sein? Was sind meine Fähigkeiten und Stärken? Wie viel Routine und wie viel neue Herausforderungen brauche ich? Solche Fragen können dabei helfen, die eigenen Ziele zu definieren.
Immer größere Bedeutung im Beruf bekommt die Frage nach dem Sinnzusammenhang, Purpose genannt, erklärt Qualen. Also die Überlegung: Warum mache ich etwas?
Um ein konkretes berufliches Ziel zu fassen, lässt sich zum Beispiel die WOOP-Technik nutzen, erklärt Qualen. Die Abkürzung steht für Wish (Wunsch), Outcome (Ergebnis), Obstacle (Hindernis), Plan (Plan): Zunächst wird der Wunsch identifiziert, dann malt man sich möglichst genau aus, was passiert, wenn man sein Ziel erreicht. Im nächsten Schritt überlegt man sich, welche Hindernisse es auf dem Weg dahin geben könnte und entwickelt einen Plan B. «So schafft man es, sein Ziel weiter zu verfolgen, auch wenn etwas nicht klappt.»
Timeline-Technik hilft bei Zielfindung
Eine andere Möglichkeit, um Ziele und den Weg dahin zu definieren, ist die sogenannte Timeline-Technik. «Dabei geht man vom Ergebnis aus rückwärts und erarbeitet Schritte und Maßnahmen, die notwendig sind, um sein Ziel zu erreichen», sagt Pamela Grüninger.
Denkbar ist auch, sich ganz genau auszumalen, wie es aussieht, wenn man sein Ziel erreicht hat. «Wenn man sehr intrinsisch motiviert ist, reicht das aus», so Grüninger.
Grundsätzlich sei es sinnvoll, sich immer mal wieder selbst zu fragen, ob man mit seiner beruflichen Situation zufrieden ist, sagt die Trainerin. Dabei ist es wichtig, weg vom Hype um den Traumjob zu kommen, sondern auch realistisch zu bleiben. «Man muss nicht immer dem nächsten Ziel hinterherhechten. Wenn es gut läuft, dann ist es auch gut.» Es könne schließlich auch ein berufliches Ziel sein, die Work-Life-Balance gut hinzubekommen.
Blick zurück: Was habe ich schon erreicht?
Auch Kristine Qualen rät, regelmäßig innezuhalten und zu überlegen: Was findet von dem schon statt, was ich mir früher ausgemalt habe? So ein Rückblick könne sehr hilfreich sein. Denn manchmal hat man ein Ziel schon erreicht, und merkt es gar nicht so richtig.
Wer länger im Job ist, verliert seine Ziele manchmal aus den Augen. «Das ist undramatisch und ganz normal», sagt Kristine Qualen. Interessant dabei sei nur, ob jemand zufrieden mit der aktuellen Situation sei. Oftmals entwickele man, je älter man wird, eine andere Haltung zu früheren Zielen. «Manche Elemente, wie zum Beispiel Führungskraft werden verlieren an Bedeutung.»
Denn die Vorstellungen davon, worauf man seine Energie verwenden will, ändern sich. Solange man zufrieden ist, müssen es nicht ständig neue oder noch höher gesteckte Ziele sein, wie Qualen betont: «Es muss nicht immer gleich die nächste Möhre her, die ich mir selber vorhalte.»
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