Stefan Krämer hat in seiner Karriere schon viel erlebt. Knapp 300 Drittligaspiele mit Arminia Bielefeld, Energie Cottbus, Erfurt, Magdeburg und Uerdingen härten ab, machen erfahren. Den Fußballtrainer kann so schnell nichts erschüttern. Was allerdings aktuell bei seinem Verein KFC Uerdingen geschieht, ist auch für den 53-Jährigen eine außerordentliche Situation.
„Zum Heimspiel 200 Kilometer zu fahren, das ist schon lustig irgendwie“, sagte Krämer bei MagentaSport vor der Partie am Samstag gegen den MSV Duisburg: „Immer wenn du denkst, du hättest im Fußball schon alles mitgemacht, dann kommt noch etwas Neues hinzu.“ Ein Satz, gesagt mit Blick auf den ungewohnten Spielort in Lotte. Ein Satz, der allerdings seit Wochen für eigentlich alles gilt, was dem routinierten Chefcoach beim KFC widerfährt.
Seit Längerem schon hatte es beim Drittligisten finanzielle Engpässe gegeben. Zudem trieb die Suche nach einer Heimspielstätte mitunter bunte Blüten. Das Grotenburg-Stadion in Krefeld ist nicht drittligatauglich und befindet sich weiterhin im Umbau. Das lange praktizierte Ausweichen nach Düsseldorf wurde in der Corona-Pandemie zu teuer.
Und mit dem Rückzug von Investor Michail Ponomarew hatte sich die Lage beim Traditionsklub dramatisch verschärft. Ende Januar wurde ein Insolvenzverfahren eingeleitet. Klub und Angestellte stehen seitdem vor einer ungewissen Situation.
„Wir sind ja Kummer gewohnt. Die Mannschaft wird seit Monaten mehr oder weniger schändlich im Stich gelassen“, kritisierte Krämer und gab verblüffende Einblicke in die tägliche Praxis: „Wir haben keine Trainingsbedingungen, die Spieler kaufen ihr Wasser selber, die Physios müssen ihr Massage-Öl selber kaufen, wir haben kein Schneideprogramm mehr für die Videoanalysten. Wir können thematisch nicht viel machen. Wir können schauen, dass die Spieler sich ein bisschen bewegen, ohne sich zu verletzen.“
Spieler erhalten seit Monaten nur sporadisch Geld
Kaum verwunderlich, dass seine ambitionierte Mannschaft in der Tabelle durchgereicht wurde. Ein Abzug von drei Punkten aufgrund des eröffneten Insolvenzverfahrens tat sein Übriges. Nach dem 1:2 gegen Duisburg rutschte der KFC nun erstmals auf einen Abstiegsplatz.
„Wenn sich die Bedingungen nicht schlagartig bessern, dann wird uns das irgendwann einholen, dass wir eigentlich Bedingungen haben wie eine schlechte Betriebsmannschaft“, weiß Krämer, der den Spielern allerdings keine Vorwürfe machen kann.
„Die Spieler kriegen seit Monaten kein geregeltes Gehalt. Ob frische Gelder kommen, das wissen wir nicht. Wir wissen nicht, was morgen ist“, sagt er, zuckt mit den Schultern und erklärt die Auswirkungen: „Das macht natürlich etwas mit den Spielern. Gerade mit den Spielern – und davon gibt es eine ganze Menge –, die im Winter zu anderen Klubs hätten wechseln können. Da wurde ein Riegel vorgeschoben, und ein paar Wochen später weiß keiner, wie es weitergeht. Das macht ja etwas mit Spielern.“
So schwer die Situation aber auch sei, auf eines lässt Krämer nichts kommen: die Solidarität innerhalb der Mannschaft: „Da ist die Truppe echt cool. Die helfen sich gegenseitig mit Kohle. Wir haben so einen Pott: Wenn einer Probleme hat, dann kann er sich da etwas herausholen, und wenn es irgendwann mal wieder etwas gibt, dann legt er es halt zurück.“
Eine Einstellung, die Hoffnung auf den Klassenerhalt macht. Vorausgesetzt, der KFC findet neue Sponsoren oder Investoren und erhält die benötigte Lizenz.
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