Technik-Regeln 2022 – Teil 2: Vorderachse/Räder Radkappen verhindern Aero-Trick
Die Formel-1-Ingenieure betreten mit dem 2022er Technik-Reglement komplettes Neuland. In einer fünfteiligen Serie verraten wir Ihnen, wie sich der komplizierte Regeltext auf den Look der Autos auswirkt. Teil 2 widmet sich der Vorderachse und den Rädern.
08.01.2022
2022 beginnt in der Formel 1 eine neue Zeitrechnung. Ein komplett verändertes Aerodynamik-Konzept soll die Zahl der Zweikämpfe deutlich erhöhen. Auf die Ingenieure wartet eine steile Lernkurve. Aber auch die Fans müssen sich auf einen komplett neuen Look der Rennwagen einstellen.
In unserer fünfteiligen Serie zeigen wir Ihnen jetzt schon, in welchen Details sich die Autos verändern werden. Nach Folge 1, die sich mit den Neuerungen an der Nase und dem Frontflügel beschäftigt hat, geht es im zweiten Kapitel weiter mit dem Bereich direkt dahinter an der Vorderachse und den Rädern.
Unter der Nase wird aufgeräumt
Die seit einigen Jahren in Mode gekommenen Cape-Flügel zwischen der Nasenspitze und Vorderachse helfen den Aerodynamikern künftig nicht mehr, die Luft zu beruhigen und in die gewünschten Bahnen nach hinten zu lenken. Derartige Aero-Elemente sind komplett verboten.
Auch die Leitbleche etwas weiter hinten an der Unterseite des Chassis auf Höhe der Vorderachse – die sogenannten Turning Vanes – stehen auf der roten Liste. Sie hatten sich zuletzt immer weiter in feingliedrige Elemente aufgesplittert, um die Strömung noch effizienter zum Unterboden und zum Heck zu dirigieren.
Was das Thema Luftkanäle angeht, zeigt sich der Gesetztext ebenfalls restriktiv. Löcher dürfen gar nicht mehr in die Frontpartie geschnitzt werden. Wie uns F1-Technikchef Pat Symonds nach Rücksprache mit seinen Ingenieuren zuletzt noch einmal versicherte, werden die 2022er Autos keinen S-Schacht mehr besitzen. Störende Luftverwirbelungen unter der Nase können somit nicht mehr elegant an die Oberseite des Chassis weggesaugt werden.
Neue Finnen an den Rädern
Die einzigen aerodynamischen Hilfsmittel, die das Reglement im Bereich der Vorderachse noch zulässt, sind ganz neuartige nach oben geschwungenen Finnen, die sich über die Räder biegen. Hier entsteht aber leider keine neue Spielwiese für die Ingenieure. Es handelt sich um Standard-Teile, die bei allen Autos identisch geformt sein müssen.
Die Finnen wurden in das Reglement aufgenommen, um störende Verwirbelungen, die an den Rädern entstehen, direkt zu beruhigen. Und sie sorgen gleichzeitig dafür, dass die Strömung nicht nach außen abdriftet, was zu mehr "Dirty Air" hinter dem Auto geführt hätte.
Weiter unten an den Radträgern ist die Zeit der großen Karbon-Hutzen vorbei. Die ankommende Luft wurde zuletzt bei vielen Autos über riesige Schnorchel innen durch das Rad nach außen abgelenkt. Dabei wurde jedoch nur ein Bruchteil für das eigentliche Kühlen der Bremsen abgezweigt. Die Hutzen erfüllten einen rein aerodynamischen Zweck, um weiter hinten am Auto mehr Abtrieb zu generieren.
Radkappen verhindern Luftdurchleitung
Mit der Einführung der Radkappen in der kommenden Saison wird diesem Trick ein Riegel vorgeschoben. Zur Bremskühlung dürften dann wohl nur noch winzige Lufthutzen angebaut werden, die einen möglichst geringen Luftwiderstand bieten. Einen kleinen Vorgeschmack davon, wie das aussehen wird, bekamen wir schon bei den Reifentests in Abu Dhabi.
Nach dem letzten Probelauf mit den 18-Zöllern haben sich einige Piloten über die eingeschränkte Sicht beklagt. Auch wenn sich der Querschnitt der neuen Gummis etwas verringert, wächst das gesamte Rad durch die größeren Felgen im Durchmesser von 66 auf 72 Zentimeter. Apropos Felgen: Auch hier handelt es sich um Einheitsteile, die keine individuelle Entwicklung erlauben.
Die neuen Niederquerschnittsreifen sollen nicht so schnell überhitzen, wenn der Fahrer mal über eine längere Zeit ans Limit geht, verspricht Pirelli. Das soll die Zahl der Zweikämpfe erhöhen. Die Kehrseite der Medaille: Die Gummis werden wohl nicht so schnell verschleißen, was zu weniger Boxenstopps und damit weniger Strategie-Varianten führt.
Nicht nur die Strategen haben mit den neuen Reifen weniger Arbeit, auch den Ingenieuren in der Entwicklung wird das Leben etwas leichter gemacht. Die flacheren Reifen walken nicht mehr so stark in Kurven und auf Bodenwellen oder Randsteinen. Die Aerodynamik ist dadurch stabiler, was sich im Windkanal und in Computer-Simulationen besser modellieren lässt.
Räder 14 Kilogramm schwerer
Die neuen Räder tragen allerdings auch ihren Teil zum erhöhten Gesamtgewicht bei. Nach der letzten Reglement-Anpassung im Dezember werden die neuen Rennwagen mindestens 795 Kilogramm auf die Waage bringen – und damit 43 Kilogramm mehr als ihre Vorgänger. Davon gehen rund 14 Kilo auf das Konto der verstärkten Räder, der größeren Felgen und der neuen Radkappen.
"Das Mehrgewicht macht sich vor allem in langsamen Kurven bemerkbar. Da muss man seinen Fahrstil anpassen", stöhnte Ferrari-Pilot Charles Leclerc nach seinen ersten Simulator-Runden. Auch Scuderia-Kollege Carlos Sainz hat mit dem 2022er Modell schon Erfahrung in der virtuellen Welt gesammelt. "In den Kurven ist es nicht einfach, eine gute Balance hinzubekommen. Da kann man schnell mal die Kontrolle verlieren."
Bei fast 800 Kilo Gesamtgewicht ist die Fuhre nur schwer wieder einzufangen, wenn sie mal ins Rutschen gerät. Vor allem zu Saisonbeginn können sich Action-Fans also schon mal auf einige spektakuläre Dreher und Abflüge freuen.
In der Galerie zeigen wir Ihnen noch einmal die wichtigsten Änderungen im Bereich der Vorderachse im Detail.
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