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RWTH-Forschung: Eine Technik, die CO2 einfach aus der Atmosphäre saugt - Aachener Zeitung

RWTH-Forschung : Eine Technik, die CO2 einfach aus der Atmosphäre saugt

Es gibt Anlagen, mit denen kann CO2 einfach aus der Luft gesaugt werden. Ist das die Lösung im Kampf gegen den Klimawandel? Eine Aachener Forscherin kennt die Technologie und erklärt, warum es so einfach nicht ist.

Der flämische Naturforscher Johan Baptista van Helmont entdeckte Anfang des 17. Jahrhunderts nur knapp 100 Kilometer von Aachen entfernt das Gas Kohlenstoffdioxid (CO2). Damals lag der Anteil in der Erdatmosphäre bei weniger als 280 Teilen CO2 pro Million (ppm) Teilen Luft. Durch die Verbrennung fossiler Energieträger ist dieser auf aktuell rund 415 Teile pro Million Teile Luft gestiegen.

Die Wissenschaftlerin der RWTH Aachen, Sarah Deutz vom Lehrstuhl für Technische Thermodynamik, geht davon aus, dass mehrere Strategien nötig sind, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Auch aktuelle Klimaprognosen rechnen damit, dass Maßnahmen wie Emissionsverminderung und Aufforstung nicht reichen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Gemeinsam mit ihrem Doktorvater Professor André Bardow, ehemals RWTH Aachen und nun Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, untersuchte Deutz daher das Potenzial einer technologischen Lösung: Direct Air Capture (DAC) zu Deutsch: Direkte Luftabscheidung.

 Sarah Deutz forscht an der RWTH Aachen zu Direct Air Capture (DAC) Technologie.
Sarah Deutz forscht an der RWTH Aachen zu Direct Air Capture (DAC) Technologie. Foto: Harald Krömer

Es handelt sich um ein Verfahren, das Kohlenstoffdioxid direkt aus der Umgebungsluft filtert. Wird das gewonnene CO2 anschließend geologisch gespeichert oder mineralisiert, spricht die Expertin von negativen Emissionen.

„Ohne negative Emissionen wird es wahrscheinlich nicht gelingen, unter der 1,5-Grad-Grenze zu bleiben“, sagt Deutz. „Zum einen haben wir einfach zu viel Erdgas, Erdöl und Kohle verbrannt. Das CO2 müssen wir jetzt mit großtechnischem Einsatz wieder aus der Atmosphäre holen. Zum anderen werden wir unvermeidbare Emissionen zum Beispiel aus der Landwirtschaft kompensieren müssen, um zukünftig CO2-neutral zu werden.“

Laut UN-Klimarat kann die wärmende Wirkung des Treibhausgases noch Tausende von Jahren anhalten, selbst wenn die Kohlendioxid-Emissionen verlangsamt werden. Um einen gefährlichen Temperaturanstieg zu verhindern, müsste in diesem Jahrhundert bis zu 1 Billion Tonnen Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernt werden, schlussfolgert der Klimarat.

Technik gibt es schon seit 20 Jahren

Die DAC Technik gibt es bereits seit 20 Jahren, sie galt aber bisher als zu aufwändig und zu wenig effizient. Große Ventilatoren drücken die Umgebungsluft durch einen Filter. Darin befindet sich ein sogenanntes sorbierendes Filtermaterial, das CO2 bindet.

Dieses CO2 lässt sich anschließend für verschiedene Zwecke verwenden; etwa in der Chemieindustrie, für die Herstellung von CO2-neutralen Brennstoffen, in Treibhäusern oder als Kohlensäure in Erfrischungsgetränken. Dann sind es allerdings keine negativen Emissionen mehr, sondern bestenfalls „neutrale“, da das Kohlendioxid wieder zurück in die Atmosphäre gelangt.

„Es gibt mittlerweile die ersten kommerziellen DAC-Anlagen“, erklärt die Forscherin. Zu den Pionieren zählen das Schweizer Unternehmen Climeworks, Global Thermostat in den USA, Sky Tree aus den Niederlanden sowie das kanadische Unternehmen Carbon Engineering, das unter anderem von Microsoft Gründer Bill Gates finanziert wird.

Climeworks betreibt bereits seit 2017 in der Schweiz und in Island DAC-Anlagen, von denen Deutz und Bardow umfassende Daten für ihre unabhängige Studie erhalten haben. „Neben dem Betrieb der Anlage haben wir sechs sorbierende Materialien und den Bau der Anlage genau unter die Lupe genommen“, berichtet die Doktorandin. „Dort haben wir Auswirkungen auf die Umwelt bewertet.“

Einerseits ging es darum, dass die Herstellung des Filtermaterials und der Anlage möglichst klimafreundlich ist und nicht zu anderen schädlichen Umweltauswirkungen führt. Andererseits zeigten die Ergebnisse, dass die Effizienz der DAC-Anlagen stärker von der Energiequelle abhängt als vom Filtermaterial oder dem Bau der Anlage. „Bereits heute kann DAC mit anschließender Speicherung zu negativen Emissionen führen“, resümiert Deutz, „wobei der Nutzen für das Klima am größten ist, wenn kohlenstoffarme wie beispielsweise regenerative Energie verwendet wird.“

Sie macht sich dafür stark, dass das abgeschiedene Kohlendioxid langfristig unterirdisch oder in Mineralen gespeichert wird, damit es nicht in der Atmosphäre bleibt. Die junge Forscherin macht aber auch klar: „Großtechnische DAC-Anlagen dürfen kein Freischein für weitere fossile Emissionen sein. Die Verbrennung von Erdgas, Erdöl und Kohle muss kurzfristig stark reduziert werden, wenn wir noch eine Chance haben wollen, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.“

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