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Unglaubliche Geschichte von 1966:Tasmania war nicht die größte Sensation - n-tv NACHRICHTEN

An diesem Wochenende ist es endlich soweit: Der FC Schalke 04 kann gegen die TSG Hoffenheim den sogenannten Jahrhundertrekord von Tasmania 1900 Berlin einstellen. Ein Blick zurück in den Mai 1966 zeigt: Damals gab es neben der spektakulären Tasmania noch andere Sensationen in Deutschland zu bestaunen!

Am frühen Morgen des 18. Mai 1966 sorgte eine Meldung bei der Wasserschutzpolizei in Duisburg für Verwirrung. Die Besatzung eines Tankschiffs hatte gerade eben berichtet, dass sie im Rhein einen Weißwal gesichtet hätte. Natürlich vermuteten die Ordnungshüter, dass in diesem ganz speziellen Fall Alkohol im Spiel wäre – doch das sollte sich schnell als Irrtum herausstellen. Den Weißwal, so unwahrscheinlich und sensationell die Nachricht im ersten Moment auch erschien, gab es wirklich. Und schon kurz darauf hatte das knapp vier Meter lange Naturwunder im dreckigen Wasser des Flusses seinen neuen Namen weg: "Moby Dick" taufte ihn die Presse. Und ab sofort bestimmte der Weißwal die Schlagzeilen der Republik.

Dabei hatte sich etwas fast genauso Sensationelles am Wochenende zuvor in Braunschweig ereignet – aber das wusste damals noch niemand. Tasmania 1900 Berlin hatte zum einunddreißigsten Mal nacheinander in der Fußball-Bundesliga nicht gewinnen können. Die 1:3-Niederlage bei Eintracht Braunschweig setzte einem Rekord für die Ewigkeit, wie man bis vor kurzem noch glaubte, das Sahnehäubchen auf. Doch da man damals noch nicht ahnte, dass die Partie des 32. Spieltags vor 6000 Zuschauern im Eintracht-Stadion der Höhepunkt dieser Negativserie sein würde, nahm die wenig spektakuläre Begegnung kaum jemand intensiver wahr.

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Und da auch nur noch zwei Partien bis zum Ende der Saison anstanden, war die Hoffnung bei der Tasmania deutlich gesunken, dass die Mannschaft es nach dem Auftaktsieg gegen den Karlsruher SC vor unglaublichen neun Monaten noch einmal schaffen sollte, den Platz nach einem Spiel als Sieger zu verlassen. Dass dies jedoch tatsächlich noch einmal gelang, hing wesentlich mit einer weiteren Sensation dieser Woche zusammen. Denn zeitgleich zur historischen Begegnung, wie wir heute wissen, der Berliner in Braunschweig, spielte der FC Schalke 04 zu Hause gegen Borussia Neunkirchen.

"Tanne" Fichtel schwärmt noch heute

Den Königsblauen, die eigentlich eine Spielzeit zuvor sportlich abgestiegen waren, aber durch den Ausschluss von Hertha BSC und einer Aufstockung der Liga um zwei Plätze auf 18 Teilnehmer profitiert hatten, hatte man zum Start der Saison kaum Chancen auf einen Verbleib in der Bundesliga eingeräumt. Ähnlich wie Tasmania hatten die Schalker wegen des späten Urteils des DFB nur noch wenige Möglichkeiten gehabt, die Mannschaft auf dem Transfermarkt zu verstärken. Umso überraschender und sensationeller war nun das, was sich da am 32. Spieltag vor über 30.000 begeisterten Zuschauern in der Gelsenkirchener Glückauf-Kampfbahn abspielte.

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Als der Meisterspieler von 1958, Manni Kreuz, in der 85. Minute das entscheidende 2:0 gegen Borussia Neunkirchen schoss, kannten die Euphorie und der Jubel der Königsblauen keine Grenzen mehr. Die bis auf wenige Ausnahmen namenlose Truppe hatte das fast Unmögliche geschafft: Der FC Schalke 04 war gerettet und der von so vielen Experten prognostizierte Abstieg war abgewendet worden. Nun wurde gefeiert. Und wie! Klaus "Tanne" Fichtel, der in seiner langen Karriere so viel erlebt hat, sagt noch heute, dass das Spiel und die Ereignisse danach das Größte seien, was ihm in seiner Laufbahn je widerfahren wäre. 

Durch die Niederlage in Gelsenkirchen waren die Chancen von Borussia Neunkirchen, die Klasse zu halten, nun deutlich gesunken. Die Mannschaft stand unter Druck. Denn ausgerechnet in Berlin gegen die Tasmania sollten die wichtigen Punkte eine Woche nach der Partie gegen Schalke eingefahren werden. Doch als die Begegnung am späten Nachmittag des 21. Mai 1966 abgepfiffen war, jubelten vor 2000 Zuschauern im weiten Rund des Olympiastadions nicht die Neunkirchener. Tasmania hatte es tatsächlich geschafft. Mit 2:1 hatte man die Gäste niedergerungen und nach einunddreißig Spielen endlich wieder einmal einen Sieg bejubeln dürfen. Damit war der Schlusspunkt unter eine historisch einmalige Serie gesetzt, die an diesem Wochenende – ausgerechnet durch den FC Schalke 04 - erstmals seit 55 Jahren überhaupt eingestellt werden kann.   

Happy End für "Moby Dick"

Ben Redelings

Ben Redelings ist ein leidenschaftlicher "Chronist des Fußballwahnsinns" (Manni Breuckmann) und Anhänger des ruhmreichen VfL Bochum. Der Autor, Filmemacher und Komödiant lebt im Ruhrgebiet und pflegt sein Schatzkästchen mit Anekdoten. Für ntv.de schreibt er dienstags und samstags die spannendsten und lustigsten Geschichten auf. Weitere Informationen zu Bens aktuellem Buch und seinem gleichnamigen Tourprogramm ("Fußball. Die Liebe meines Lebens") gibt es auf seiner Seite www.scudetto.de.

Damals im Mai 1966 wusste man dies alles natürlich noch nicht. Wie sollte man auch ahnen, dass man so viele Jahre später über die Ereignisse der Saison 1965/66 noch einmal so intensiv sprechen würde? Und außerdem hatte man ja auch genug mit diesem sensationellen Naturschauspiel im Rhein zu tun. Wegen "Moby Dick" hielt ganz Deutschland den Atem an. Die Bilder der verzweifelten Jagd des Duisburger Tierparkdirektors nach dem Weißwal und seine spektakulären Versuche das Tier mit Tennisnetzen einzufangen, gingen um die Welt. Vier Wochen lang schauten die Menschen auf "Moby Dick" und freuten sich, als am 16. Juni die Meldung kam, der Weißwal wäre am Hoek van Holland an der Nordseeküste angekommen – und schon bald in Freiheit.

Die Jagd nach dem Weißwal im Rhein war damals beendet. Ob die Schalker die „Jagd“ nach dem alten Jahrhundertrekord der Tasmania an diesem Wochenende mit einem Sieg gegen die TSG Hoffenheim auch beenden werden – man weiß es nicht. In jedem Fall wird man aber auch in vielen, vielen Jahren noch von dieser Partie sprechen. So oder so.

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